Arbeitnehmer sind entweder vollständig arbeitsunfähig oder arbeitsfähig. Der "Gelbe Schein" bestätigt eine vollständige Arbeitsunfähigkeit für den gesamten Arbeitstag. Doch in Zeiten flexibler Arbeitsmodelle, insbesondere durch Homeoffice und Digitalisierung, könnten stundenweise Krankschreibungen eine sinnvolle Ergänzung sein. Alles dazu in den Nachrichten im LSJonline-Mittagsmagazin.
Stundenweise Krankmeldung: Ein Potenzial?
Ärztepräsident Klaus Reinhardt zeigt sich aufgeschlossen gegenüber "Teilzeit-Krankschreibungen", also Krankschreibungen, die nur für einige Stunden am Tag gelten. Er sieht darin eine Möglichkeit, auf die Veränderungen der modernen Arbeitswelt zu reagieren. "Die Arbeitswelt hat sich in den letzten Jahren sehr stark verändert, insbesondere durch die Digitalisierung und die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten," erklärt Reinhardt in einem Interview mit der Funke Mediengruppe.
Flexibilität für neue Arbeitswelten
Derzeit unterscheidet das Gesundheitssystem strikt zwischen voller Arbeitsfähigkeit und vollständiger Arbeitsunfähigkeit. Reinhardt sieht darin eine veraltete Perspektive: "Eine praktikable Form von Teilzeit-Krankschreibung für einige Stunden täglich könnte den neuen Möglichkeiten Rechnung tragen und für mehr Flexibilität sorgen." Dabei betont er, dass das Wohl der erkrankten Arbeitnehmer oberste Priorität habe: "Klar ist natürlich, dass dabei das Wohlergehen und die ungefährdete Genesung der Erkrankten immer an erster Stelle stehen muss."
Wiedereingliederung als Vorbild
Reinhardt verweist auf positive Erfahrungen mit Wiedereingliederungsmaßnahmen für Langzeitkranke. Bei diesen Programmen wird die Arbeitszeit der Rückkehrer schrittweise erhöht, um den Übergang zu erleichtern. Dieses Modell könnte auch auf weniger schwerwiegende Erkrankungen übertragen werden. "Ein Beispiel dafür sind Bagatellinfekte, bei denen der direkte Kontakt mit den Kolleginnen und Kollegen im Büro vermieden werden sollte," so Reinhardt. In solchen Fällen könne das Homeoffice eine Lösung sein, um im beschränkten Umfang arbeiten und sich dennoch erholen zu können.
Diskussion um telefonische Krankschreibungen
Bereits zuvor hatten Arbeitgeberverbände Kritik an der Möglichkeit der telefonischen Krankschreibung geäußert, da diese angeblich zu höheren Krankenständen führen würde. Einige Arbeitgeber fordern daher eine Abschaffung dieser Möglichkeit.
Der Verband der Hausärztinnen und Hausärzte sieht dies jedoch anders und verteidigt die telefonische Krankschreibung vehement. Nicola Buhlinger-Göpfarth, Bundesvorsitzende des Verbands, beschreibt sie als eine der wenigen erfolgreichen Entlastungsmaßnahmen im Gesundheitssystem: "Ihre Einführung sei aus medizinischer Sicht sinnvoll gewesen und bisher eine der ganz wenigen erfolgreichen politischen Maßnahmen zur Entbürokratisierung des Gesundheitswesens."