Die Minister Karl Lauterbach und Hubertus Heil haben den Vorschlag von Allianz-Chef Oliver Bäte, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall am ersten Krankheitstag zu streichen, entschieden zurückgewiesen. Alles dazu in den Nachrichten im LSJonline-Mittagsmagazin.
Beide betonten, dass die Ursachen für hohe Krankenstände differenziert betrachtet werden müssten und nicht pauschal den Arbeitnehmer:innen angelastet werden können.
Lauterbach: „Die Deutschen sind schlichtweg kränker“
In einer Stellungnahme auf seinem TikTok-Kanal erklärte Gesundheitsminister Karl Lauterbach, dass die Deutschen nicht einfach grundlos krankfeiern. „Die Deutschen sind schlichtweg auch kränker als andere Europäer:innen“, so Lauterbach. Er wies darauf hin, dass Deutschland die niedrigste Lebenserwartung in Westeuropa aufweise.
Als Hauptgrund führte er die unzureichenden Investitionen in die Vorsorgemedizin der letzten ein bis anderthalb Jahrzehnte an. Man habe viele Herzkranke, Nierenkranke, Menschen mit Depressionen und anderen schweren Erkrankungen, sagte der Minister. Diese teils chronischen Leiden würden den Krankenstand im Durchschnitt deutlich erhöhen.
Heil: „Kein Verständnis für Blaumacher“
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil reagierte scharf auf den Vorschlag von Oliver Bäte. Im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland erklärte er:„Wer krank gemeldete Beschäftigte unter den Generalverdacht des Blaumachens stellt, hat ein verzerrtes Bild von den arbeitenden Menschen in diesem Land.“
Zwar räumte Heil ein, dass es vereinzelte Fälle von Missbrauch gebe, betonte jedoch, dass solche Vorkommnisse gezielt bekämpft werden müssten, anstatt pauschale Maßnahmen gegen alle Beschäftigten zu ergreifen. „Ich habe kein Verständnis für Blaumacher“, stellte er klar.
Allianz-Chef fordert Wiedereinführung des Karenztages
Oliver Bäte, Vorstandsvorsitzender der Allianz, hatte sich in einem Interview mit dem „Handelsblatt“ für die Wiedereinführung des Karenztages ausgesprochen. Diese Regelung, die in den 1970er Jahren abgeschafft wurde, sah vor, dass Arbeitnehmer:innen am ersten Krankheitstag keine Lohnfortzahlung erhalten. Bäte argumentierte, dies könne helfen, hohe Krankenstände zu reduzieren.
Neue Daten widerlegen Vorwurf des „Blaumachens“
Eine aktuelle Studie der DAK zeigt jedoch, dass der Anstieg der Krankenstände nicht auf vermehrtes „Blaumachen“ zurückzuführen sei. Vielmehr habe die Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) zu einer genaueren Erfassung geführt.
Laut Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer, würden seit der Einführung der eAU Krankschreibungen vollständig an die Krankenkassen übermittelt. Vorher hätten viele Beschäftigte versäumt, ihre Krankmeldung auch dort einzureichen. Heute seien Krankschreibungen zu 100 Prozent erfasst, erklärte Reinhardt.